Foto: Peter Eckert,neuwirtbuehne.de

Fußballfieber von Josef Daser

MICHAEL FRANKE besucht ein Theaterstück über Amateurfußball. Unser Kolumnist fühlt sich sehr gut unterhalten und leider auch an die bittere Realität erinnert.

Dieses Stück macht Dinge zum Thema, die viele nicht sehen und wahrhaben wollen

Im Laientheater verliebt sich in der Regel der Jungbauer in die Magd. Und nach einigen Verwechslungen und Turbulenzen heiraten Sie am Ende. So ist das normalerweise.

Nicht so beim spielfreudigen Ensemble der Neuwirtbühne in Großweil in der Nähe von Garmisch-Partenkirchen. „Fußballfieber“ nennt sich die Groteske, die keine Fehlentwicklung im Lieblingssport der Deutschen auslässt.

Den Rahmen bildet die Geschichte des imaginären FC Karpfensee, der nach einigen Aufstiegen aus den Niederungen des Amateurfußballs in die Krise gerät und in die Fänge eines dubiosen Spielervermittlers und Managers begibt.

Damit wird alles anders. Spieler aus aller Welt werden in Karpfensee „geparkt” und verdrängen Vereinslegenden. Finanziert wird alles durch den zunächst unbekannten Dritten. Der Erfolg kehrt zurück.

 

Foto: Peter Eckert, neuwirtbuehne.de

Doch zu welchem Preis? Das Vereinsheim verödet, der Druck steigt. Schließlich wird das entscheidende Spiel vergeigt, der Sponsor steigt aus und das Kartenhaus fällt in sich zusammen. Am Ende steht der Neustart in der C-Klasse.

Auf dieser mit klassischen Fußballersprüchen gespickten Berg- und Talfahrt werden die Auswüchse des professionellen Fußballs und der Amateurszene geschickt verpackt inszeniert. Die finanzielle Ausnutzung des Profitraums von Kindern, Schmerzmittelmissbrauch, Doping, Steuerhinterziehung, Schwarzgeld, Spieler als Handelsware, Alltagsrassismus, Größenwahn aber auch in Worte gefasster Taktikwahn. Alles dabei auf der Großweiler Bühne. Zum Schluss landen Darsteller und Zuschauerinnen wieder bei den Wurzeln der Faszination Fußball.

Eine Groteske, doch von der Realität abgeschaut. So bleibt einem manches Mal der Lacher ein wenig im Halse stecken. Am Ende regt dieses genial kritische Theaterstück nicht nur die Lach-, sondern auch die Denkmuskeln an. Empfehlenswert für alle, die sich mit dem sozialen Phänomen Fußball befassen – Funktionär, Spieler, Trainer oder Fan. 

Verfasser ist Josef Daser, ein bayerisches Urviech. Er ist auch der Regisseur des Stücks und verkörpert den schmierigen Spielervermittler Winfried Eckenballer. Nach dem Stück hatte ich die Gelegenheit, ihn persönlich zu befragen. Wie auf dem Fußballplatz üblich wurde das Interview in Duz-Form geführt.

Michael: Lieber Josef, die erste Frage liegt auf der Hand. Bei Betrachtung deines Wikipedia-Eintrags ist nur die Rede vom Schauspieler und Autor Josef Daser. Woher hast Du das auffallend große Wissen über Fußball, insbesondere über die Amateure?

Josef: Ich bin von klein auf leidensfähiger Sechzger–Fan. Ich habe meinen großen Sohn jahrelang in seiner Jugendlaufbahn von Geretsried über Starnberg bis nach Heidenheim begleitet und dadurch sehr viele Einblicke in den Jugendfußball bekommen. Für dieses Theaterstück habe ich dann sehr viel hinter den Kulissen recherchiert. 

 

Foto: Peter Eckert, neuwirtbuehne.de

Michael: Wie ist es zu erklären, dass es viele Vereine gibt, die das in Deinem Stück gezeigte Szenario immer wieder durchlaufen? Aktuellstes Beispiel ist der SV Türk Gücü München, der nach dem spontanen Ausstieg des großen Sponsors wieder vor einem Umbruch steht. Zwei Jahre nach der Insolvenz wegen des Ausstiegs der Investors Ende 2021. Wie erklärst Du Dir diese Lernresistenz?

Josef: Erfolgsgier um jeden Preis und inkompetente Leute an der Vereinsspitze.

Michael: Ihr thematisiert auf der Bühne viele Probleme des Spitzensports, die mittlerweile auch die Amateurszene erreicht haben. Das alte Thema Geld, die neuen Themen Schmerzmittelmissbrauch und leistungssteigernde Substanzen. Wie erklärst du den Umstand, dass weder die breite Öffentlichkeit noch die Amateurfußballcommunity dies kritisch diskutieren?

Josef: Am Ende ist doch das wichtigste, was rauskommt. Fußball ist und bleibt sauber für diejenigen, die nichts anderes hören wollen, die nur schöne Blumenwiesen sehen und vor dem Schlachtfeld hinter den Kulissen einfach die Augen zumachen. Zitat aus meinem Stück.    

Michael: Lieber Josef, vielen Dank für Deine Zeit. Ihr habt mich wirklich begeistert. Wie lange spielt ihr das Stück noch, wie kommt man da an Karten?

Josef: Karten sind noch an folgenden Terminen erhältlich: 3., 8., 9., 15., 16., 17., 23., 24. und 28. März sowie am 6. April. Findet ihr alles auf unserer Homepage. Vielen Dank, und herzliche Grüße, Josef Daser.

Infos zum Stück findet ihr hier:

Neuwirt Bühne Großweil – Neuwirt Bühne Großweil (neuwirtbuehne.de)

Michael Franke

Michael Franke

Michael Franke ist Erster Vorsitzender der FT München-Gern. 2018 hat er die Interessengemeinschaft Sport in München mitgegründet.

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