Razzien beim FC Augsburg und beim FC Bayern. Man liest über Bundesliga-Jugendtrainer, die im Minijob unterbezahlt arbeiten. Ein Thema, das vermutlich viele deutsche Nachwuchsleistungszentren betrifft. Doch wie schaut das eigentlich im Ehrenamt aus?
Ehrenamt ist im Grunde die unentgeltliche Erbringung gemeinnützige Tätigkeit. Das heißt, dass ein ehrenamtlicher Trainer erstmal auch keine Bezahlung für seine Tätigkeit bekommt. Doch wir müssen das Ehrenamt heute neu denken. Schließlich bietet sogar der Gesetzgeber die Möglichkeit, ehrenamtlich Übungsleiter mit bis zu 3.000 Euro jährlich, also 250 monatlich, zu entlohnen. Was bedeutet dies für einen Verein?
Ich nehme meinen Heimatverein als Beispiel. Hier sind rund fünfzig ehrenamtliche Trainerinnen und Betreuer für 27 Mannschaften aktiv. Würden diese alle mit der vollen Pauschale versehen, wären das für den Verein jährlich 150.000 Euro. Das bedeutet, dass jedes unserer 700 Mitglieder etwa 214 Euro Beitrag pro Jahr zahlen müsste, um diesen Betrag zu refinanzieren. Nur für die Übungsleiterpauschale.
Nun ist es ja so, dass vor allem in Ballungsgebieten der wirtschaftliche Druck auf die Menschen bedingt durch explodierende Mieten enorm ist. Die Vereine konkurrieren daher mit bezahlten Jobs, wenn es um die Zeit potentieller Übungsleiter geht. Wie soll das am Ende also aufgehen, zumal die Anforderungen von Eltern, Spielern und Verantwortlichen an Trainer permanent steigen?
Die Vereine sitzen in der Zwickmühle. Niedrige Beitragssätze stehen der Notwendigkeit gegenüber, Trainerinnen zumindest im Rahmen der steuerbegünstigten Vorgaben der Übungsleiterpauschale zu bezahlen.
Am Ende bieten sich ihnen zwei Möglichkeiten. Entweder werden die Beiträge im Durchschnitt um die oben errechneten 214 Euro erhöht, was zum Beispiel in unserem Verein mehr als eine Verdoppelung der Beiträge mit entsprechenden Folgen für die Familien bedeuten würde. Oder die Vereine erhalten einen Zuschuss für jeden Übungsleiter – einen öffentlichen oder durch eine Abgabe des Profifußballs. Sich in dieser Sache von externen privaten Sponsoren abhängig zu machen, wäre Harakiri.
Letztlich muss sich die Gesellschaft entscheiden, welchen Wert sie einer qualifizierten Betreuung im Verein beimisst. Die Erfüllung dieser Funktion im Rahmen der kostenlosen Selbstausbeutung Ehrenamtlicher steuert auf ihr Ende zu. Eine Finanzierung der Übungsleiterpauschale wird unumgänglich, will man nicht das größte soziale Projekt der Republik, den Jugendfußball im Breitensport, massiv gefährden.
Michael Franke
Michael Franke ist Erster Vorsitzender der FT München-Gern. 2018 hat er die Interessengemeinschaft Sport in München mitgegründet.