Die drei wichtigsten Vertreter des deutschen Sports wollen einen Sportminister. Dem Amateurfußball wäre damit nicht geholfen. Das Problem liegt woanders. Von UTE GROTH

Am Sonntag ist Bundestagswahl, und da kommt mir ein Interview in den Sinn, das ich vor einigen Wochen gelesen habe. In der „Zeit“ haben sich die drei wichtigsten Repräsentanten des deutschen Sports zu Wort gemeldet, der DOSB-Präsident, der DFB-Präsident, der Präsident des Deutschen Behindertensportverbandes. Drei Herren, wie Sie merken, auf dieses Thema komme ich später zurück.

Bemerkenswert fand ich ihre gemeinsame Forderung: Sie wünschen sich von der neuen Bundesregierung einen Staatsminister für Sport. Klingt vielleicht gut und wichtig, aber brauchen wir den im nächsten Kabinett wirklich? Und was würde er dem Breitensport und dem Amateurfußball helfen, dessen Vereine in der Krise stecken? Ich, Frau, seit siebzehn Jahren im Vereinsvorstand, möchte antworten.

Szene 1: Schwenk in die Realität meines Mehrspartensportvereins TUSA Düsseldorf, rund 2.300 Mitglieder, Mitte Januar. Unsere drei Vertreter der Fußballabteilung mit mehr als 800 Mitgliedern tagen im Vereinsheim. Sie diskutieren, ob sie auf der Abteilungsversammlung im kommenden April endlich jemanden finden, die oder der sich für die Leitung zur Verfügung stellt.

Der Posten ist wichtig, da er die Interessen der Abteilungsleiter koordiniert und im Gesamtvorstand vertritt. Er ist aber seit fünf Jahren unbesetzt.

Wird es uns bald gelingen, aus dem Kreis der Mitglieder oder der Eltern der Kinder und Jugendlichen zusätzliche Unterstützung zu finden? Oder stimmt die Einschätzung unseres Trainerteams, dass die Anmeldung im Sportverein heute eher dem Zweck dient, die Kinder irgendwo unterzubringen? Die Zahl der Mitglieder mag steigen, doch einen Verein begreifen heute viele Menschen zunehmend als Dienstleister.

Die schlimme Folge: Sollte es nicht demnächst gelingen, unter den gut 800 Mitgliedern der Fußballabteilung weitere ehrenamtliche Helfer zu finden, wird die Zahl der bislang 37 Mannschaften deutlich reduziert. Anders ist es nicht zu bewältigen. Ähnliche Gespräche werden in der Basketball-, der Leichtathletik-, der Volleyballabteilung geführt. Der Mangel an Mitarbeit ist allgegenwärtig.

Szenerie 2: Vereinsanlage TUSA, die für Fußball, Leichtathletik, Basketball, Beachvolleyball genutzt wird: Die Sportanlagen sind in einem guten, die Umkleiden in unterschiedlichem Zustand. Vier Kabinen in den Kellerräumen, Baujahr 1959, sind mit der Häufigkeit heutigen Nutzung überfordert. Der Schimmel in den Duschen ist Dauerthema. Zwei Umkleiden im separaten Gebäude von 2006 müssen schon wieder renoviert werden. Nicht alles ist schlecht: Vor drei Jahren sind zwei weitere Umkleiden für unsere gut 200 Fußballerinnen mit Förderung durch Bund und Land hinzugekommen.

Auch für den Ersatz des Vereinsheims gab es ab 2019 in Zusammenarbeit mit der Stadt Planungen. Für einen energiesparenden Neubau, barrierefrei, auch mit Mehrzweckräumen für umliegende Vereine sowie Schulkindbetreuung. Doch die kommunalen Geldtöpfe erlauben derzeit keine Förderung, der Plan liegt in der Schublade.

Zurück zur Ausgangsfrage: Brauchen wir neue Strukturen, also einen Sportminister? Für Vereine sind ihre Mitglieder und die Sportverbände verantwortlich, für die Infrastruktur die Länder und Kommunen. Der Schulsport ist Aufgabe der Kultusminister der Länder. Die finanzielle Entlastung von Ehrenamtlern können die Finanzbehörden regeln. Ich sehe keine Aufgabe für einen Sportminister, der Geld kosten würde. Kann sein, dass er dem Leistungssport irgendwie dienen würde. Aber neue Ehrenamtler würde er nicht in die Vereine bringen.

Dieses Problem, das größte im deutschen Sport, müssen andere lösen, allen voran unsere Verbände. Die sollten endlich ihrer Vorbildfunktion gerecht werden, indem sie mehr Menschen einbinden, die bisher dort weniger oder gar nicht vertreten sind. Damit nicht immer, siehe Texteinstieg, immer dieselben Köpfe reden.

Foto von Hunters Race auf Unsplash