Dass ich das einmal sagen würde, hätte ich mir nie träumen lassen. Und dass ich heute als Kommunikationsexpertin Vereine im Umgang mit Eltern unterstütze, hätte ich lange für einen Witz gehalten. Von SUSANNE AMAR

Seit meiner Jugend stehe ich mit dem Fußball auf Kriegsfuß. Solange ich mich erinnere, ist Fußball für mich mit Verzicht verbunden. Samstags konnte ich oft meine Lieblingssendung „disco“ nicht schauen, weil mein Vater die „Sportschau“ sehen wollte. Als ich älter wurde, waren es meine Freunde, die samstagabends aus gleichem Grund keine Zeit hatten.
 
Ich habe mich oft gefragt: Was ist toll daran, dass elf Spieler hinter einem Ball herlaufen? Grölende Fans ihre Mannschaft anfeuern? Erwachsene Männer weinen, wenn der Lieblingsverein absteigt? Eltern gefrustet sind, wenn das Kind nicht so spielt wie gewünscht?
 
Mittlerweile weiß ich, dass der Sport Leidenschaft ist. Diese Erkenntnis verdanke ich unserem Sohn. Er hat mich an seiner Fußballleidenschaft mehr als dreizehn Jahre teilhaben lassen und mir gezeigt, wie sehr er dafür brennt. Er gehörte zu den 2,2 Millionen Kindern und Jugendlichen, die unter dem Dach des Deutschen Fußball-Bundes kicken. Er hat in Amateurvereinen, in Fußballschulen und in Nachwuchsleistungszentren gespielt.
 
Mit Anfang 20 ist er ausgestiegen, denn er wollte andere Erfahrungen machen, die mit dem Leben eines Nachwuchsfußballers nicht zu vereinbaren sind: Reisen, um die Welt kennenzulernen, Jobs und Praktika, um sich beruflich zu orientieren und nicht zuletzt Beziehungen und Freunde, um das Leben zu genießen. Ihm ist es gelungen, sich gut von seiner Leidenschaft zu verabschieden und lebt heute ein selbstbestimmtes und erfülltes Leben, in dem er gerne, jedoch ohne Wehmut, auf die Zeit zurückblickt. Doch bis zu seinem Ausstieg war der Fußball ALLES für ihn. Und genau das war der Grund, ihn zu unterstützen, obwohl mich der Sport kein bisschen interessierte.
 
Als Mutter war der Einstieg in den Kinderfußball für mich eine Expedition in fremde Gefilde. War ich anfangs wie viele Eltern mit Trikotwaschen, dem Fahrdienst und Trostspenden beschäftigt, wenn ein Spiel verloren ging oder das aufgeschlagene Knie verarztet werden musste, kamen im Laufe der Jahre sehr essenzielle Themen hinzu. Denn hat der Fußball im Alter von sieben Jahren noch sehr viele spielerische Züge, verändert er sich mit zunehmendem Alter und Leistungsniveau. Und damit verbunden stehen auch die Eltern vor neuen Herausforderungen. 
 
Ist Trainern und Verantwortlichen eigentlich bewusst, wie sehr ihr Tun das Familienleben bestimmt? Wissen sie, dass viele Eltern wenig bis gar keine Ahnung vom Fußball haben? Wie bekommen wir Schule und Ballsport unter einen Hut? Wie kann ich mein Kind unterstützen, wenn es verletzt ist und lange nicht spielen kann?
 
Ein paar Fragen, die sich viele Eltern stellen, egal, ob das eigene Kind im Amateurverein oder im NLZ spielt. Und die auch mich immer wieder beschäftigt haben und auf die ich leider kaum Antworten erhielt. Denn egal, wo unser Sohn gespielt hat, gab es wenig bis gar keine Gespräche zwischen Trainern und uns, wurden uns kaum Informationen an die Hand gegeben.
 
Dabei ist es so einfach! Die Amateurvereine sollten erkennen, dass viele Eltern wenig über die Herausforderungen, die an ihr Kind und an sie gestellt werden, wissen, wenn sie ihr Kind im Verein anmelden. Gleiches gilt für die Vereinsarbeit verbunden mit dem Ehrenamt. Themen, die den Vereinen und Eltern das Leben oft schwer machen.
 
Um das zu verändern, braucht es die Bereitschaft innerhalb der Vereine, sich zu verändern – sowie Kommunikation und Aufklärung. Meine Erlebnisse und Erfahrungen, die schönen wie die unschönen, haben mich zu meinem heutigen Tun geführt. Denn sie haben mir gezeigt, dass der Kinder- und Jugendfußball die Eltern als Partner akzeptieren muss, um mit ihnen eine wertvolle Zusammenarbeit eingehen zu können.
 
Als systemischer Coach und Mediatorin bestärke ich Vereine darin, das Potenzial der Eltern zu nutzen und sie ins Boot zu holen, damit gemeinsam bestmögliche Voraussetzungen für die Spieler*innen geschaffen werden. Ich weiß selbst, dass es nicht immer einfach ist, sich an etwas heranzutrauen, wenn man sich kaum auskennt. Doch ich weiß auch, wie toll es ist, wenn man genau diesen Schritt geht. Wie in jeder Beziehung ist es auch hier wichtig, sich zu kennen, zu verstehen und zu respektieren. Dazu sind Informationen, Akzeptanz, Wertschätzung und den Wunsch der Veränderung nötig – auf beiden Seiten.
 
Ich zeige durch einfache Handlungsoptionen und direkt umsetzbare Impulse auf, wie das gelingen und wie jeder Amateurverein sie entsprechend seiner Ressourcen nutzen kann. Das ist die Basis für ein effizientes Miteinander, die die Arbeit der vielen ehrenamtlichen Beschäftigten im Amateurfußball entspannter macht und Eltern befähigt, kompetent ihr Kind zu begleiten. Denn im Kinder- und Jugendfußball sind so viele tolle Menschen tätig – neben und auf dem Platz, die ich dabei unterstützen möchte, damit sie ihre Aufgaben mit Spaß und Entspannung statt mit Frust und Stress erledigen.
 
Auch wenn es viele Missstände im Amateurfußball gibt, möchte ich Vereinen zeigen, dass sie selbstwirksam handeln und nicht nur auf Vorgaben, Regeln und Veränderungen von außen angewiesen sind. Daher wirst du ab 2024 immer mal wieder etwas von mir zu Kommunikation im Kinder- und Jugendfußball lesen.
 
Letztlich bin ich, auch wenn ich nicht alles toll im Kinder- und Jugendfußball finde, sehr dankbar, dass unser Sohn dort lange ein zweites Zuhause hatte. Er hat in diesem Mannschaftsport so viele soziale Kompetenzen erlernt, die wertvoll sind und von denen er damals auf und heute neben dem Platz sehr profitiert. Etwas, was uns als Eltern alleine nicht gelungen wäre. Dafür sage ich: „Danke, Fußball!“
 
Mehr zu mir und meiner Arbeit findest du unter https://www.susanne-amar.de