Hartplatzhelden-Kolumne #95: Ein Münchner Verein hat aus der Not heraus ein Fußballangebot für Kinder entwickelt, das dem klassischen Modell widerspricht. Aber regen Zulauf erfährt und offenbar Spaß macht. Von MICHAEL FRANKE

Um einen geregelten Spielbetrieb durchzuführen, brauchen Mannschaften jeder Altersklasse mittlerweile deutlich vergrößerte Kader. Die sinkende Bedeutung des Vereinssports in unserer Gesellschaft hat zur Folge, dass Spieler am Wochenende seltener zur Verfügung stehen. Urlaube, Ausflüge und der beliebte Besuch bei der Oma erschweren es Vereinen, Spieltage zu planen und umzusetzen.

Zudem führen ein verändertes Freizeitverhalten, der innerfamiliäre Anspruch, aber auch die flexibler gewordene Berufswelt dazu, dass es ehrenamtlichen Trainerinnen und Betreuern zunehmend schwerer fällt, regelmäßige persönlich anwesend zu sein. Und viele Eltern und Kinder haben keine große Lust mehr auf schreiende Trainer und aggressive erwachsene Zuschauer.

Es spricht also einiges für neue Wege im Kinderfußball. Ein Beispiel dafür gibt ein Verein in München, dem wir Beachtung schenken sollten. Westend United, im Münchner Westend angesiedelt, hat wie viele andere Vereine eine Aufnahmesperre, weil die Kapazitäten erschöpft sind.

Der Verein hat sich allerdings etwas ganz Besonderes einfallen lassen: Auf einer Schulsportwiese trainieren dort einmal wöchentlich insgesamt rund 500 Mädchen und Jungen in den unterschiedlichen Altersklassen. Einen Spielbetrieb gibt es nicht, also auch keine Pöbeleien, keine Angst vor dem Abstieg, keine Verpflichtung am Wochenende und nicht mal einen Anpfiff, wenn mal ein Training ausfällt. Ein sehr niedrigschwelliges Fußballangebot, das regen Zulauf erfährt. Und offenbar Spaß macht.

Kann dieses Konzept außerhalb des Verbands für manche Vereine eine Alternative sein? Puristen werden die Augen verdrehen. Fußball ohne Spielbetrieb – undenkbar. Realisten sehen aber die enormen Vorteile des Konzepts: kein Wochenendstress, keine frustrierenden Erlebnisse, kein Stress mit Eltern, kein aufwendiger Spielbetrieb, keine aufwendige Administration mit Spielerpässen, Spielrechten und Strafzahlungen.

Je länger diese Dinge durch den Kopf schwirren, umso klarer wird, dass dieses Konzept definitiv seinen Raum finden wird. Vermutlich werden viele Vereine ins Grübeln kommen. Wie ich auch. Fußball soll ja vor allem Spaß machen. Und das Prinzip „Westend United“ verspricht viel davon!

Wer sich genauer informieren möchte, hier entlang: https://www.westend-united.de/

Image by PIRO from Pixabay