Hartplatzhelden-Kolumne #94: Sie war nicht nur ein Ort der Körperhygiene. Sie war ein Raum des Zusammenhalts einer Mannschaft. Inzwischen gehen immer weniger Fußballer nach dem Training unter die Dusche. Von MICHAEL FRANKE
Sie war immer ein Teil des Fußballerdaseins, auch im Vereinsleben der Jugendlichen: die gemeinsame Dusche nach dem Training und nach dem Spiel. Da ging es um das Aufwärmen nach klirrend kalten Wintereinheiten oder um das Fortspülen des Schweißes im Sommer.
Da ging es vor allem um Spaß und Gemeinschaft. Unter der Dusche wurden bereits die Highlights der Einheit oder des Spiels rekapituliert. Dort wurde aber auch häufig Persönliches ausgetauscht, oder es wurden Witze erzählt. Denn hier war Zeit und Raum für die Themen neben dem Fußball. Sowohl für persönlichen Angelegenheiten als auch für Trivialitäten. So gesehen war die Dusche immer ein zentraler Raum des Zusammenhalts und der Kommunikation.
Aber mal ehrlich, was ist aus der Dusche geworden?
Vor allem im Jugendfußball stand dieser Raum bereits lange vor Corona auf der Kippe. Mit der Pandemie war es endgültig vorbei. Kinder, Jugendliche und Erwachsene kamen direkt umgezogen zum Spielfeld – und zogen nach dem Training genauso wieder ab. Weil die Nutzung der Duschen und Kabinen schlichtweg nicht zugelassen war.
Das Tragische ist nun aber, dass sich diese Verhaltensweisen mittlerweile in weiten Teilen des Jugendfußballs verfestigt haben. Ist ja auch praktisch und man kann schnell wieder zu anderen Aktivitäten übergehen. Obwohl die Duschen und auch die Kabinen längst wieder genutzt werden dürfen, werden diese Bereich insbesondere im Trainingsbetrieb kaum mehr benötigt. Weil sich die Spielerinnen und Spieler nach dem Training und oft sogar nach dem Spiel direkt auf den Nachhauseweg machen.
Was bei vielen Menschen vermutlich ein Schulterzucken hervorruft, hat am Ende aber einen enormen Einfluss auf das Sozialsystem Mannschaft. Die Minuten und manchmal auch Stunden nach der Belastung auf dem Platz werden nicht mehr mit dem Team verbracht. Das sind aber genau die Phasen, die ein Team zusammenschweißen. Unter der Dusche sind alle auf einer Ebene. Hier ist Gemeinschaft. Oder hier war sie.
Vor allem im Jugendfußball ging mit dem Ende der Duschen eine Abnahme der Bindung der Spieler an das Team und den Verein einher. Das mag nicht der einzige Grund für eine ausufernde Fluktuation im Jugendfußball sein. Aber in jedem Fall ein Umstand, der das Problem verschärft. Dieses kleine, tröpfelnde Paradies ist für unbestimmte Zeit verloren.