Sprachnachrichten, nein danke!

Wir haben 1300 Mitglieder, alle wollen erreicht werden. Dazu müssen wir viele Kanäle nutzen, analog wie digital. Doch welcher eignet sich wofür? Eine Übersicht Von GERD THOMAS

SPRACHNACHRICHTEN? NEIN DANKE! lautet der neue Untertitel meiner Messanging-App, die man aus Datenschutzgründen eigentlich nicht verwenden sollte, es aber doch tue, weil ich nicht von Diskussionen abgeschnitten werden will. Ich finde Sprachnachrichten nervig, manchmal unverschämt. Andere Diskussionen laufen über E-Mail-Gruppen, nur selten noch wird im Fußballverein die gute alte SMS verwendet.

Auch beim klassischen Social Media gibt es Unterschiede. Inzwischen ist Facebook von Instagram abgehängt, ganz Junge konferieren über den
hochproblematischen chinesischen Dienst Tik Tok, vor dem Experten warnen. Auf der Multiplikatoren-Ebene trifft man sich auch im Sport auf LinkedIn. Und dann gibt es noch die Homepage, von Kommunikationsexperten als Aushängeschild des Vereins bezeichnet. Ganz selten findet man Ankündigungsplakate oder gar Briefe, dabei könnten genau die so viel Irritation auslösen, dass es schon wieder interessant wird.

„Kommunikation ist die Königsdisziplin“, sagte ein Kollege immer, wenn mal wieder eine Information nicht überall angekommen war. Das gilt für Sportvereine fast noch mehr als für Unternehmen, denn ein Verein mit schlechten Informationsstrukturen kommt schnell in Probleme. Beim FC Internationale haben wir mehr als 1300 Mitglieder zwischen 4 und 84 Jahren. Sie alle wollen erreicht werden, sie nutzen aber nicht dieselben Medien.

Da Kinder in der Regel ihre Eltern als Überbringer benötigen, kommt eine weitere Gruppe von so genannten Stakeholdern dazu. Auch wieder so eine Bezeichnung, die man früher nicht brauchte. Noch schlimmer finde ich übrigens den Begriff „Rechtehalter“ für einen Sponsoren. Wer denkt sich so etwas aus?

Die Überforderung ist in vielen Vereinen spürbar. Erstens gibt es kaum Menschen, die das ganze Repertoire beherrschen. Zweitens ist die Zahl der Kanäle einfach zu groß, um sie adäquat bespielen zu können. Und trotzdem maulen immer wieder Leute, sie hätten etwas nicht mitgekriegt oder seien gar vorsätzlich nicht informiert worden. Was tun?

Zunächst gilt es herauszufinden, wer alles Informationen aus dem Verein benötigt. Man wird schnell darauf kommen, dass es noch weitere Systeme gibt, wie bspw. das DFBnet. Und die Zahl von Adressaten wird sich schnell erhöhen, denn auch Ämter, Sponsoren, Spender oder die örtlichen Medien wollen wissen, was im Verein passiert.

Es hat Sinn, ein Medienteam zusammenzustellen, das sich am besten um Fotos, Videos oder anderes Bildmaterial kümmert. Eine Person macht dann Instagram und Facebook, eine andere kümmert sich um den Internetauftritt, eine dritte um die Außendarstellung zu relevanten Gruppen. Und jede Person sollte bei Urlaub oder Krankheit auch vertreten werden können. Wir planen übrigens, künftig mit einer woanders schon getesteten Vereins-App zu arbeiten.

Wichtig ist, eine Kommunikationslinie festzulegen. Wenn man auf einem Kanal nur über die Herrenmannschaft und Feste, auf einem anderen nur über Frauenteams und Jubiläen, auf dem dritten über die Jugend und Ehrenamt berichtet, wird es schnell unübersichtlich. Gerade auf der Homepage sollte man möglichst einen breiten sportlichen Überblick geben, aber auch Jubiläen, Feiern oder besondere Vorkommnisse abbilden.
Gleichwohl sollte der Sport im Vordergrund stehen. Auf einem geschäftlichen Netzwerk wie LinkedIn postet man keine Ergebnisse. Hier geht es darum, zu vermitteln, welche Vorzüge oder Bedarfe ein Verein hat.

Schafft man es nicht, alle interessanten Kanäle zu bespielen, lässt man einfach welche weg. Am wichtigsten ist eine gut gepflegte Homepage, auf der Ansprechpartner, Infos zum Verein, Spielankündigungen und besondere Ereignisse zu finden sind. Als in der letzten Woche unser
Kooperationspartner BWB (Berliner Werkstätten für Menschen mit Behinderung) Deutscher Meister wurde, war das natürlich eine Meldung auf der Internetseite wert. Wenn der DFB-Präsident zu Besuch kommt, muss auch das erwähnt werden. Aber die meisten Leute werden sich dafür interessieren, was es im Verein Neues gibt, wenn zum Beispiel ein neuer Trainer für die A-Jugend kommt.

Es wird nicht möglich sein, immer alle zu deren Zufriedenheit zu erreichen. Aber Kommunikation kann man nicht mehr allein über Aushänge im Schaukasten machen, wie im letzten Jahrhundert. Informationen sind den Mitgliedern wichtig, gern auch mündlich auf der Sportanlage. Ehrenamtliche gewinnt man in der Regel nicht über anonyme Aufrufe auf der Homepage. Am besten sind kontaktfreudige Menschen aus dem Vorstand oder aus der Trainerschaft, die einfach mal bei Mitgliedern oder Eltern fragen, ob sie nicht Lust hätten, sich im Verein zu engagieren. Es muss ja nicht gleich der Schatzmeisterposten sein.

Aber warum soll nicht eine Mutter oder ein Vater in der Zeit, wo das Kind sich auf dem Trainingsplatz tummelt, den Merchandising-Verkauf übernehmen, die Fahrten am Wochenende oder die Wäsche organisieren? Kleiner Tipp: Fast jeder Verein hat ein zwei „Menschenfänger“, die eine besondere Ader haben, Menschen von der Mitarbeit zu überzeugen. Setzt sie ein.

Für das Jahresende habe ich mir etwas ausgedacht. Ich verschicke an Menschen, die ich schätze, eine Postkarte. Da es sehr viele Personen sind, fange ich bald an. Oder doch lieber…? Das Beste ist wohl doch, Leute ab und zu mal anzurufen oder gar von Angesicht zu Angesicht miteinander zu reden. Da kann man dann auch eventuelle Missverständnisse gleich ausräumen und erfährt sogar noch ein bisschen übereinander über Sorgen, Nöte, Bedürfnisse. Vielleicht gibt es sogar mal ein Lob. Ich glaube, die Zeit ist gut investiert.

Gerd Thomas

Gerd Thomas

Gerd Thomas ist seit 2017 Erster Vorsitzender (seit 2003 im Vorstand) des FC Internationale Berlin. 2013 zeichnete der DFB den Verein mit dem Integrationspreis aus.

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