Der DFB wechselt ab 2027 den Ausrüster. Dann wird Adidas durch Nike abgelöst. Angeblich fließen mehr als 100 Millionen Euro im Jahr in die Kassen des Verbands, also mehr als das Doppelte dessen, was Adidas angeboten hat. Geld, das der DFB benötigt, um Defizite auszugleichen. Gleichzeitig kündigt er an, dass er dem Breitensport mehr unterstützen wolle. Vier Hartplatzhelden haben sich Gedanken darüber gemacht, was mit dem Geld Sinnvolles passieren soll und wie wahrscheinlich es ist, dass es überhaupt an der Basis ankommt.
1. Für wie glaubhaft haltet ihr die Ankündigung des DFB, die Amateurvereine stärker zu fördern?
Tim Frohwein: „Ich bin mal so naiv und sehe in der Ankündigung des DFB ein Indiz dafür, dass unsere Studie („Wir sind Fußball“), die wir im Herbst 2023 beim DFB vorgestellt haben, Wirkung zeigt. Dort wurde von den befragten Stakeholdern angemahnt, dass man sich stärker um die Interessen des Amateurfußballs kümmern soll. Nicht nur deshalb, sondern auch, weil ich den Eindruck habe, dass sich der Verband wandelt, bin ich zuversichtlich, dass er den Worten Taten folgen lassen wird.“
Gerd Thomas: „Ich glaube, dem DFB ist bewusst, dass man von außen genau hinschaut, was er mit dem Geld macht und wo es hingeht. Daher glaube ich nicht, dass das einfach ins Blaue hinein behauptet wird.“
Michael Franke: „Sehr bedingt. In Anbetracht der enormen Geldnot halte ich es für sehr unglaubwürdig. Durch die Aushöhlung des Grundlagenvertrags entzieht der DFB den Amateuren seit Jahren Geld. Daher glaube ich nicht, dass er unsere Interessen sehr ernst nimmt.“
Susanne Amar: „Ich kenne die Strukturen des DFB nicht im Detail, sodass ich nicht sagen kann, wo das Geld verwaltet wird. Bisher ist er auch nicht durch Transparenz aufgefallen. Da er in extremer Geldnot steckt, stellt sich mir allerdings die Frage, ob wirklich der Breitensport als erstes profitiert. Gleichzeitig glaube ich sehr an Veränderungen und hoffe, dass etwas abgekommen wird. Dafür nötig ist ein Umdenken im Dachverband, dem Amateurfußball entsprechende Anerkennung und Wertschätzung zukommen zu lassen. Das kann nur gelingen, wenn Entscheidungen mit der Basis gemeinsam getroffen werden.“
2. Wofür soll das Geld eingesetzt werden? Was würde dem Amateurfußball am besten helfen?
Susanne Amar: „Ich wünsche zuallererst, dass sich der DFB über die Bedürfnisse des Amateurfußballs schlau macht und nicht auf der Basis von Annahmen entscheiden wird. Dann kann das Geld dort eingesetzt werden, wo es benötigt wird. Zum Beispiel für Maßnahmen, die die Vereine bei der Hilfe zu Selbsthilfe unterstützen. In meinen Veranstaltungen, die ich mit Gerd in unserem Projekt („Ehrenamt im Amateurfußball stärken“) organisiere, sehe ich, wie die Menschen im Breitensport auf dem Zahnfleisch gehen. Wenn wir wollen, dass sie weitermachen, brauchen sie finanzielle und strukturelle Unterstützung. Zum Beispiel könnten Vereine hauptamtliche Mitarbeiterinnen einstellen, die Bürokratie bewältigen, gute Arbeitsbedingungen für Trainerinnen schaffen, interne Fortbildungen anbieten, um Ehrenamtliche zu schulen, die Zusammenarbeit mit Eltern auf- und auszubauen, sich Support durch Externe finanzieren und vieles mehr.“
Gerd Thomas: „Eine erste Idee: Warum nicht das Ziel ausrufen, Trainer- und Schiri-Lehrgänge kostenlos anzubieten? Und generell würde ich jährlich 10 Prozent des Nike-Gelds nehmen, um eine Strukturreform einzusetzen und Innovationen dauerhaft abzusichern. Damit könnte der DFB beispielweise eine Kommission gründen, in der Vertreter von der Vereinsbasis sitzen. Er könnte ein Thinktank einrichten, wo Meinungsaustausch, Anregungen, Wissenstransfer und die nötigen Diskussionen über den modernen Fußball zusammenlaufen. Damit meine ich nicht die moderne Spielweise, eher: Wie müssen moderne Sportverbände aussehen und welche Aufgaben müssen sie erfüllen? Und Lobbyarbeit könnte er fördern. Der Amateurfußball muss endlich als Teil der Zivilgesellschaft platziert werden. Der DFB selbst kann keine modernen Sportanlagen für die Vereine bauen. Er kann aber dafür sorgen, dass die Länder oder Kommunen das tun und die Kraft des Fußballs für eine bessere Gesellschaft erkennen.“
Michael Franke: „Die Einbringung von mindestens 10 Prozent der Gesamteinnahmen, also mindestens 10 Millionen Euro in eine AG Zukunft finde ich einen sehr probaten Ansatz. Es geht zuerst um den Aufbau einer hörbaren Lobby für das größte soziale Projekt der Republik, nämlich den Amateurfußball. Der sollte einerseits mehr kommunale Mittel erhalten, andererseits aber auch seitens der Wirtschaft spürbar finanziell gefördert werden. Gerade die Wirtschaft hat großes Interesse an gut sozialisierten, motivierten, empathischen und entscheidungsfähigen MitarbeiterInnen. Das alles leistet der Amateurfußball.“
Tim Frohwein: „Ich wünsche mir, dass das Geld auch dafür eingesetzt wird, den Amateurfußball besser zu erforschen, also auf Basis wissenschaftlicher Studien weiterzuentwickeln. Ein Institut für Breitenfußballforschung – das wäre es! Das könnte am Campus in Frankfurt angegliedert werden. Dieses Institut forscht zum Amateurfußball und bietet Weiterbildungen an, darüber hinaus kommuniziert und transferiert es Wissen (An Hochschulen „Third Mission“ genannt). Das Institut könnte einen Wissensspeicher für den Amateurfußball aufbauen, der verständliche Zusammenfassungen und Kommentierungen von Studien, Expertisen oder Positionspapieren bereithält. Ich hatte das mal in einer Kolumne beschrieben.“