Nach dem Aufstieg kommen die Niederlagen

Es war einer der schönsten Tage in meinem Leben. Doch unser Aufstieg in die A-Klasse brachte, wie für viele Vereine, auch Nachteile mit sich. Von MICHAEL FRANKE

Für die meisten Menschen war dieser Mittwoch im Juni 1991 ein stinknormaler Tag. Lediglich für ein paar wenige sollte es einer der grandiosesten ihres Lebens werden. Wir waren ein ambitionierter Kreisklassist (damals B-Klasse) und kämpften seit Jahren um den Aufstieg in die Kreisliga (damals A-Klasse). Mehrfach waren wir in der Relegation knapp gescheitert.

Und auch diesmal war es eng. Um den Sprung zu schaffen, mussten wir zwei Spiele siegreich beenden. Das erste gegen den heutigen Bayernligisten FC Unterföhring konnten wir in einer ruhmreichen Schlacht durch einen Glücksschuss in der 114. Minute in der Verlängerung gewinnen. Nun galt es an einem Mittwochabend, gegen den TSV Hebertshausen den finalen Schritt zu machen.

Dieses Spiel endete auch nicht nach 120 Minuten. Ein Elfmeterschießen musste entscheiden. Auch dieses ging in die Verlängerung, weil mehrere Schützen, darunter auch der Verfasser dieser Zeilen, an den eigenen Nerven scheiterten. Erst mit dem achten Duell fiel die Entscheidung zu unseren Gunsten. 

Die Dämme brachen, es herrschte ein unfassbarer Jubel, der in eine unglaubliche Feier im Vereinsheim mündete. Wir waren quasi Weltmeister und Olympiasieger zur gleichen Zeit. Auch heute kann ich mich noch in diesen Abend versetzen, der erst am nächsten Morgen sein Ende fand.

Aufsteigen kann also etwas unfassbar Schönes sein. So wie ein Abstieg ein kleiner bis mittlerer Tod ist. In diesen Momenten werden extreme Gefühle frei, wie sie vermutlich nur im Teamsport möglich sind.

Aber warum ist das so? Vor allem in den unteren Klassen, in denen keine Steigerung von Zuschauerzahlen und deutlich bessere Sponsorenverträge zu erwarten sind. Klar – ein Aufstieg ist das sportliche Maximalziel einer Saison. Aber Fakt ist, dass die kommende Saison im Normalfall wesentlich schwerer wird, weniger Siege eingefahren werden und im Fall des Abstiegs andere Turbulenzen, wie Spielerabgänge oder Trainerwechsel entstehen können. Dagegen verspricht der Abstieg eine kommende Spielzeit, in der wieder mehr Siege winken und in der die Stimmung wieder eine andere sein wird.Letztlich steht die Emotion gegen die Ratio. Denn gerade im nicht finanzgesteuerten Amateurbereich ist der Name der Liga eher sekundär. Es geht um das Gemeinschaftserlebnis. Wichtiger als der Name der Liga ist die sportliche Konkurrenzfähigkeit. Das heißt, dass ein Team in einer Liga spielt, in der es sportlich konkurrenzfähig ist. So gesehen wäre manchmal der Verzicht auf den Aufstieg eine gute Option. Auf den Abstieg würden ohnehin die meisten gerne verzichten.

Michael Franke

Michael Franke

Michael Franke ist Erster Vorsitzender der FT München-Gern. 2018 hat er die Interessengemeinschaft Sport in München mitgegründet.

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Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. Gerd Thomas

    Ich habe auch gerade den Eindruck, dass sich unser Aufstieg der Ü60 II vor drei Jahren nun rächt. Nur ist es uns inzwischen egal, in welcher Liga wir verlieren. Wir sind vor allem froh, wenn die Beine und der Rücken am nächsten Tag nicht allzu sehr schmerzen. Die Prioritäten verschieben sich im Alter eben.

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