Bisher haben wir kein Ergebnis eingetragen, wenn unsere Mannschaft gespielt hat. Ab der neuen Saison wird das anders. Verlieren wir durch diese und die anderen neuen Wettbewerbsregeln Kinder?
Ich bilde mit drei anderen Spielervätern das Trainerteam unserer U9 (ältere F-Junioren), vorige Woche hatten wir die Saisonabschlussfeier. Unser kleines Fest hat nicht nur das Ende der Saison markiert, sondern auch das Ende der bisherigen Wettbewerbsbedingungen. Bisher haben wir uns mit unseren Gegnern auf Festivals gemessen. Dabei treffen fünf, sechs Teams aufeinander, Spiele werden zeitgleich ausgetragen, Ergebnisse nicht schriftlich dokumentiert. Das Ganze dauert ungefähr einen Vor- oder Nachmittag.
Ab der Spielzeit 2025/26 aber geht es in den Ligabetrieb. Es werden einzelne Spiele mit festgelegter Dauer ausgetragen, an dessen Ende ein Ergebnis steht – das dann in eine Tabelle einfließt. Außerdem wechseln wir vom 5 gegen 5 ins 7 gegen 7.
Der Wechsel bedeutet für uns mehr Veränderung als auf den ersten Blick zu erkennen sein mag. Da unser Kader nicht groß genug ist, schicken wir in unserer ersten 7-gegen-7-Saison nicht mehr zwei Mannschaften an den Start, sondern nur eine. Die zwangsläufige Folge: Wir werden nicht mehr alle Kinder bei den Spielen berücksichtigen können. Wir sehen uns also mit der Frage konfrontiert, nach welchen Kriterien wir an den Spieltagen die Mannschaft zusammenstellen. Das Prinzip Selektion tritt plötzlich ein.
Bislang hatten wir dieses Thema nicht. Im Trainerteam gab es einen Konsens darüber, dass wir bei den Festivals jedes Kind spielen lassen, egal, ob es fußballerisch weiter oder weniger weit ist. Und wir traten nicht mit einem „starken“ und einem „schwachen“ Team an. Solidarität stach Leistung. Diese Philosophie kam an, seit Jahren haben wir keinen Spieler verloren, sondern nur neue gewonnen.
Zur neuen Saison werden wir das Leistungsprinzip nun mehr berücksichtigen. Die stärkeren Kinder sollen den Kern der Mannschaft bilden und die meiste Spielzeit erhalten. Die anderen im Kader sind die Herausforderer und können sich durch Anwesenheit und Engagement im Training für einen Punktspieleinsatz empfehlen.
Doch was ist mit denen, die unverschuldet nicht so oft ins Training kommen? Was ist mit denen, die zwar beim Training dabei sind, dort aber, weil sie andere Dinge im Kopf haben, sportlich nicht überzeugen? Zieht man das Leistungsprinzip konsequent durch, dürften diese Kinder in der nächsten Saison nicht mehr so oft bei den Spielen dabei sein. Werden sie dadurch verunsichert, verlieren sie die Lust?
Ist doch das Problem des Kindes, werden manche sagen, es kann sich ja einen anderen Verein suchen! Aber so einfach sollte man es sich nicht machen. Bei vielen anderen Vereinen in München gibt es im Jugendbereich einen Aufnahmestopp. Und wer sagt, dass das Kind nicht einfach mit dem Fußballspielen im Verein aufhört?
Am Ende darf es nicht sein, dass das Leistungsprinzip dafür sorgt, dass dieser Fall eintritt. Natürlich müssen Kinder sportlich gefordert und gefördert werden. Doch sollten sie so lange wie möglich im Vereinssport gehalten werden – weil sie dort etwas für ihre Gesundheit tun, weil sie dort Teil einer Gemeinschaft sind, weil dort ihr Charakter geformt wird.
Der neue Wettbewerb verändert also auch unsere Rolle als Trainer und Pädagogen. Die neue Saison wird uns einen Spagat zwischen Leistung und Solidarität abverlangen. Das wird ganz schön sportlich.