Wir Amateurfußballvereine werden in unserer Bedeutung unterschätzt und das kann uns teuer zu stehen kommen. Man hält das, was wir tun, für einen netten Zeitvertreib. Das ist Fußball natürlich auch. Doch der Breitensport ist viel mehr, nämlich die letzte Bastion gesellschaftlicher Integration. Auf den ersten Blick laufen wir nur auf dem Platz einem Ball hinterher, doch in Wahrheit sind wir das am breitesten angelegte kommunale Sozialprojekt. Nur hier hier treffen alle Schichten der Bevölkerung aufeinander, kommunizieren miteinander.
Oberflächlich betrachtet sind wir Teil der Vergnügungsgesellschaft, uns betrachtet man als Gaudi. Und dieses Image wird dann zum Problem, wenn es ums Geld geht – in der Corona-Pandemie erst recht. Bislang sicherten öffentliche Zuschüsse das Überleben manches Vereins. Man kann ihren Anteil am Haushalt auf durchschnittlich etwa 20 bis 40 Prozent schätzen.
Eigentlich brauchen Vereine nun noch höhere Mittelzuflüsse, um die Ausfälle durch Covid 19 zu kompensieren und das sich in der Krise befindende Ehrenamt zu retten. Das Ehrenamt ist unsere Basis, das unbezahlte, um genau zu sein, denn es gibt auch andere Bereiche, wo Ehrenämtler mit beträchtlichen Aufwandsentschädigungen honoriert werden.
Doch mit Blick auf die bedenklichen Finanzprognosen wird der Sport wahrscheinlich sogar weniger gefördert als bislang. Die Corona-Krise bringt viele kommunale Haushalte in Not. Sie werden deutlich weniger Gewerbesteuern einnehmen, zudem werden Sozialkosten massiv steigen. Da wäre es kein Wunder, wenn Zuschüsse für den Breitensport deutlich sinken. Das könnte seine Strukturen gefährden, vielleicht sogar zum Zusammenbruch führen.
Zumal wir große Konkurrenz haben. Viele Politikerinnen und Politiker schmücken sich lieber mit Kulturprojekten. Kultur spricht nämlich gehobene Netzwerke an, damit erreicht man auch mal Landesministerien. Kultur klingt einfach wichtig, und das ist sie im Prinzip natürlich auch. Doch hinter dem edlen Etikett steckt oft nicht viel gesellschaftliche Relevanz.
Meine Erfahrung aus München – und sie lässt lässt sich bestimmt auf das ganze Land übertragen, ist: Im Duell mit der Kultur zieht der Sport oft zu Unrecht den kürzeren, da stimmen die Relationen nicht. Er klingt weniger wertvoll, gilt eher als ersetzbar. Diese Haltung ist aber fatal, denn wir leisten insgesamt einen viel wichtigeren Beitrag zum Zusammenhalt der Gesellschaft. Sport ist, wenn man so will, sogar auch Kultur, nur bloß mehr.
Was die finanzielle Förderung betrifft, steht der Sport schon seit langem in Konkurrenz zur Kultur. Diese wird sich durch die Pandemie verschärfen. Auf diese Debatte müssen wir jedenfalls vorbereitet sein. Eine echte Lobby hat der Breitensport nicht. Umso wichtiger ist es, nun gute Argumente zu finden, der ihm den Wert zumisst, den er faktisch hat. Denn wenn der Breitensport stirbt, stirbt die solidarische Gesellschaft.
Michael Franke
Michael Franke ist Erster Vorsitzender der FT München-Gern. 2018 hat er die Interessengemeinschaft Sport in München mitgegründet.