„Liebe Mitglieder, Freunde und Gönner des FC Dreistern!“, so eröffnet unser Vereinspräsi seit über zwanzig Jahren unsere Fußball-Weihnachtsfeier. Diese Grußformel ist zu einer Konstante in meinem Leben geworden, ich möchte fast sagen: Sie gibt mir Halt. Leider werde ich, mit Blick auf die aktuellen Inzidenzen, den Satz vermutlich auch in diesem Jahr nicht zu hören bekommen, zum zweiten Mal nacheinander.
Corona stellt die Weihnachtsfeiern in Frage. Ein Grund mehr, sie zu würdigen. Fußball-Weihnachtsfeiern werden Krisen und Zeiten überdauern. Bei uns läuft das immer so: Bei der Tombola stammen früher wie heute die Hälfte aller Preise vom Hauptsponsor (bei uns ist das eine Metzgerei, wenn man Pech hat, erwischt man die Blutwurst). Die Diashow mit den
lustigen Jahresrückblick-Fotos, herausgesucht vom Kapitän der Ersten Mannschaft, werden immer noch durch „Es lebe der Sport!“ von Rainhard Fendrich musikalisch untermalt. Vom Titel sollte man sich nicht täuschen lassen, dieser Hit aus den Achtzigern setzt sich eigentlich kritisch mit dem Sport auseinander. Egal.
In manchen Vereinen ist die Weihnachtsfeier traditionell bloß der Ort für eine Geldübergabe: In Briefumschlägen bekommen die vor der Saison verpflichteten und nach der Saison weiterziehenden Starspieler ihre ersehnten Prämien – um dann die Feier noch vor Beginn des gemütlichen Teils wieder zu verlassen. Ist vielleicht auch besser für die Stimmung.
Manche Dinge haben sich bei den Weihnachtsfeiern aber auch geändert. Das fängt beim Namen an, weil ja nicht alle Weihnachten feiern. Auch anders als früher haben die Vegetarier mittlerweile nicht mehr nur die Wahl zwischen einem Salat mit Putenstreifen und einen Schweinsbraten. Es gibt jetzt eine echte vegetarische Alternative, zum Beispiel das vegane Schnitzel. Und Frauen sind auf den Feiern der Gegenwart nicht mehr nur Begleitpersonen von Fußballern, sie sind selbst in Mannschaftsstärke da.
Ob Jahresabschluss- oder Weihnachtsfeier, ob Weißbier oder Wasser, ob Wiener Art oder fleischlos: Eine Vereinsfeier ist immer eine gute Gelegenheit, um zusammenzukommen und sich auszutauschen – auch mit jenen, mit denen man sonst nicht so viel redet. Vielleicht finden sich ja doch auch in diesem Jahr Mittel und Wege, damit Mitglieder, Freunde und Gönner eines Vereins für ein paar Stunden gemeinsam eine gute Zeit haben.
Tim Frohwein
Tim Frohwein ist Soziologe und setzt sich seit über einem Jahrzehnt wissenschaftlich und journalistisch mit dem Amateurfußball auseinander. Seit bald zwanzig Jahren kickt er in den Herrenmannschaften des FC Dreistern München.