Fußball im Schnee

Willkommen in der Sportstadt München, willkommen in Schilda!

Manche Vereine befreien ihren Platz mit Maschinen vom Schnee, andere dürfen das nicht. Für diese Ungleichbehandlung gibt es nicht mal einen Sachgrund. Das zeigt wieder mal die Geringschätzung für den Breitensport. Von MICHAEL FRANKE

Der Breitensport und gerade der Amateurfußball kämpfen schon immer mit einer großen Zahl struktureller Probleme. Ehrenamtler wie Trainerinnen, Betreuer, Platzwarte, Funktionärinnen sind ebenso ein knappes Gut wie funktionierende Flutlichter, ordentliche Spielfelder, saubere Duschen und Kabinen. Oft sind die Vereine nicht unschuldig an der Misere. Aber es gibt auch die Fälle, in denen durchaus auch die Gleichgültigkeit der Kommune, oder gar Vorsatz am Missstand unterstellt werden kann.

Ein besonderer Fall dieser Sorte ist das maschinelle Schneeräumverbot für alle städtischen Sportanlagen in München. Was bedeutet das? Kunstrasenplätze dürfen auf den städtischen Sportanlagen ausschließlich mit der Hand geräumt werden. In manchen Gegenden Deutschlands mag man Schnee kaum noch kennen, in Bayern ist das anders.

Wer schon einmal einen Platz vom Schnee ohne Maschine geräumt hat, weiß, dass dies kein Vergnügen ist. Vor allen in schneereicheren Wintern bedeutet das schlichtweg die Nichtnutzbarkeit großer Sportflächen. Die Absurdität daran: Es gibt absolut keinen Sachgrund für diese Regel. Das Schneeräumen von Kunstrasen mit Fräsen oder Räumschildern gehört in alpinen Gefilden zum Tagesgeschäft. Kunstrasenhersteller wie Polytan bestätigen die Problemlosigkeit der maschinellen Räumung ebenso wie die vielen Vereine, die dies praktizieren. Auch in München auf nicht-städtischen Anlagen. Willkommen in Schilda.

Vor rund zwei Jahren beantwortete die damalige Leiterin des zuständigen städtischen Referats für Bildung und Sport, Beatrix Zurek, eine entsprechende Anfrage mit der Anmerkung, dass die Stadt München die Lösung des Problems nicht dem Klimawandel überlassen möchte. Das klang, als hätte die Kommune das Problem erkannt und würde es angehen. Passiert ist seitdem – NICHTS. Dieser Umstand kann mittlerweile nur mehr der absoluten Gleichgültigkeit der verantwortlichen Akteure zugeschrieben werden.

Wir bei der FT Gern haben es ja gut, uns betrifft das alles nicht. Doch unser Nachbarverein beispielsweise, dessen Platz keinen Kilometer entfernt liegt, darf beim Räumen keine Maschinen einsetzen. Die Verantwortlichen und die Spieler dort haben mein Mitleid und ich möchte mich mit dieser Kolumne für sie einsetzen. Aber auch für die anderen, denn mehr als die Hälfte der Münchner Vereine spielt auf einem städtischen Sportplatz mit maschinellem Räumverbot. Und letztlich leiden alle unter der Situation, spätestens im Spielbetrieb.

Was wäre die Folge, wenn die Kommune die maschinelle Schneeräumung zulassen würde? Quasi durchgängige Nutzbarkeit der Flächen. Es wären zum Großteil keine Hallenzeiten für den Fußball mehr nötig, da Planungssicherheit auf der Freifläche bestünde. Damit einher ginge eine faktische Zunahme des möglichen Sportangebots in der dunklen Jahreszeit. Man könnte einfach weiter draußen Fußball spielen. Mehr Win-Win geht nicht. Dennoch geschieht – NICHTS.

Ich bezeichne dies als ein Fanal für das, was in den Köpfen unserer Gesellschaft vorgeht. Die Diskrepanz zwischen der ausgesprochenen Wertschätzung und der gelebten Geringschätzung findet im Maschinenverbot eindrucksvoll Ausdruck. Es ist noch ein sehr weiter Weg für das größte Sozialprojekt unseres Landes: den Breitensport.

Protokoll: Oliver Fritsch

Michael Franke

Michael Franke

Michael Franke ist Erster Vorsitzender der FT München-Gern. 2018 hat er die Interessengemeinschaft Sport in München mitgegründet.

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